Kategorien
Weblog

Interfaith Minister, Reverend, Ordination – was bedeutet das alles?

In der deutschen Sprache gibt es noch keinen großen Wortschatz für die interspirituelle Seelsorge, weil sie hier ganz neu ist. Im anglo-amerikanischen Raum hingegen gibt es sie bereits seit Jahrzehnten. Darum wurde ich ja auch in Großbritannien ausgebildet – hier wäre das gar nicht gegangen!

Im Englischen ist „Minister“ ein Begriff für alle, die ein geistliches Amt ausüben (egal in welcher Religion). „Interfaith Minister“ beschreibt also diejenigen, die dies als freischaffende Brückenbauer*innen zwischen den Religionen tun – und auch im nicht religionsgebundenen Freiraum dazwischen.

Weil mir im Deutschen kein passendes Wort bekannt ist, habe ich für mich den englischen Namen als Lehnwort übernommen.

Ebenfalls unübersetzt führe ich den mir bei der Ordination verliehenen Titel „Reverend“. (Wäre ich Engländerin, stünde er sogar in meinem Ausweis.) Wir Absolvent*innen der OneSpirit Interfaith Foundation verstehen diesen Begriff allerdings ganz anders, als z. B. einige der großen Kirchen, bei denen darin manchmal immer noch „Hochwürden“ anklingt. Das Adjektiv „reverent“, von dem wir Interfaith Minister ihn ableiten, bedeutet „ehrfürchtig“ – und genau so interpretieren wir das Wort, das uns beschreibt. Wir pflegen unsere staunende Ehrfurcht vor dem Leben, vor allem Lebendigen darin und auch vor der göttlichen Präsenz.

Aus diesem Grund mag ich den Titel sehr, auch wenn ich ihn hier in Deutschland ständig erklären muss.

Ach ja, auch die Ordination läuft bei uns ein wenig anders ab und hat einen anderen „Geschmack“ als die Einsegnungen in religiösen Institutionen. Sie vollzieht sich nämlich nicht in einem Akt wie der Handauflegung durch Vertreter*innen einer Hierarchie, sondern in einem Innehalten in der Stille, im persönlichen Kontakt mit der göttlichen Liebe. Konkret sah das so aus, dass wir Ordinand*innen in kleinen Gruppen um einen blumen- und kerzengeschmückten Tisch traten und dort still unsere Hingabe an unseren Dienst versprachen und schweigend, lauschend, spürend unsere Ordination empfingen.

Für mich war dies ein unfassbar kostbarer Augenblick der totalen Gegenwärtigkeit und des spürbaren Segens, den ich vor meinen inneren Augen und im Herzen ganz fest bewahrt habe.

„Ordinary“ heißt auf Englisch übrigens „gewöhnlich“ oder „normal“, und genau so begreifen wir OneSpirit Interfaith Minister auch unsere Ordination. Sie erhebt uns nicht über andere, sondern macht uns im Gegenteil bewusst, dass das Heilige im Gewöhnlichen steckt und wir genau dort wirken wollen.